Tobi sagt: „Alles fahrbar!“ Nachdem in den letzten fünf Jahren nur zwei kleine Touren (Kellenbach und Huningue) im Wildwasser unternommen wurden, war es an der Zeit die Hühner zu satteln und ferne Weiten aufzusuchen mit spitzen Bergen, wilden Flüssen, nackten Amazonen mit Holz vor der Hütt‘n und natürlich viel alkoholischem Zaubergebräu. Aber von Anfang an. Getrieben von einem unbändigen Tatendrang, schaffte es Mark eine über Deutschland versprengte Truppe heißblütiger Paddler zu bündeln und in den Bergen zusammenzutreiben. Wochenlange Recherchen, Reservierungen und Listen-Schreiberei sollten die Vorfreude schüren, bis endlich alles am 09.08.2015 zusammenfand. Tags zuvor wurde der so dringend gebrauchte Bus (vielen Dank lieber Timo für deinen spontanen und selbstlosen Einsatz) von Claudia und Mark beladen, gesichert und aufgetankt. Die Crew sollte Häppchenweise im Basiscamp aufschlagen. Mark und Tobi sonntags, Felix und Donata montags, sowie Timo und Claudia donnerstags. Die Frage der Erste-Tage-Versorgung wäre traditionell mit Gulaschsuppe, Nudeln mit Tomatensoße oder ähnlich Unkomplizierten gelöst worden, wäre da nicht der exquisite Gaumen unseres Südländers gewesen. Dieser forderte gleich zu Beginn der Tour !Hawaitoast mit Ananas und Schinken!. Eine machbare Aufgabe, wenn auch außergewöhnlich. Chili con cane und Nudeln wurden dennoch vorsorglich organisiert. Sonntag früh ging es dann im gemütlichen Tempo Richtung Garching bei München, um unseren Quoten-Franken einzusammeln, der sich mittlerweile mit eigenem WW-Material eingedeckt hatte. In der Annahme den wartenden Bub am Straßenrand aufzulesen, das vorher zurechtgelegte Material schnell zu verladen und die Fahrt zügig fortzusetzen, wurde Mark zwar mit offenen herzlichen Armen begrüßt, aber außer einem Samsonite-Trolley war von Material noch nicht viel zu sehen. Aus einem Wirrwarr eines offiziell als Kellerverschlag benannten schwarzen Lochs wurden eine Grün-blaue Rotznase, Paddel und ein handlicher Grill-Backofen gezaubert. Drei Stunden später überquerte der Männerbus die Grenze der Republik und wieder ca. drei Stunden später erreichten wir unseren unscheinbaren Campingplatz. Dank Tobis Handy-Navi wurde sich während der gesamten Fahrt nicht einmal verfahren! Technik die begeistert. In Amlach (Nähe Lienz, Osttirol) angekommen wurden Zelt, Pavillon, Biertischgarnitur, Kühlschrank, Grillofen bereit gestellt, das Chili mit Nudeln vorbereitet, Brötchen für den nächsten Tag gerade noch rechtzeitig bestellt, Abend-Toilette durchgeführt und der Flussführer studiert. Die Camp-Nachbarn berichteten von wilden Kenterungen und Wespenangriffen bis hin zu Krankenhausbesuchen, aber alles sei fahrbar, man hätte genug Wasser auf den Bächen. Tobis Gesicht – unbezahlbar. Der Montag wartete mit bestem Wetter für uns auf. Sonne satt, Temperaturen knapp unter unerträglich und Wassertemperaturen von 10-12°C. Dieser Umstand zwang die tapferen Paddler zuerst in den Neoprenshop, da Tobi zwar eine neue vollständige Ausrüstung, aber keinen Neo besaß. Kurze Verhandlungen mit der heißen Verkäuferin und der Rabatt war gesichert. Als Auftakt wurde der untere Teil der Isel gewählt: 12km I-II vom Kosakenfriedhof bis zum Nikolsdorfer Bahnhof. Während die reguläre Skalierung der Flüsse vom DKV mit I-VI vorgegeben wird, reichte ein Blick unseres versierten Könners um die Lage im lockeren achter/ neuner-Bereich einzuordnen. Um das Lampenfieber etwas zu mildern sollte die erste Tour im Topo Duo im Schnelldurchgang abgefahren werden. Schnelles Versetzen des Busses und die zeitige Rückkehr von Mark auf dem Fahrrad garantierten eine vollständige Aufwärmphase desselben, während Tobi das Material durch ein Schlummerchen bewachte. Ruhiges, durch ein paar nette Wellen unterbrochenes Daherplättchern bauten Sorgen und Ängste ab, sodass wir die gleiche Strecke gleich nochmal im Einer bewältigten. Unser Wildwasser-Neuling erforschte sein neues Gefährt in Welle und Kehrwasser und testete die Wassertemperatur am eigenen Leib. Designtechnisch, wie von einem Autonarr zu erwarten, war das Outfit komplett auf einander abgestimmt. Das überwiegend grüne Boot passt sowohl zur grünen Weste, der blauen Prallplatte, dem blauen Neopren, der blauen Trockenjacke sowie zum schwarzen Helm. Schwarz passt eben doch zu allem. Daheim angekommen schwimmt noch Adrenalin durch die Adern und sensationeller Hawaitoast durch den Magen. Nachdem die Sonne unerbittlich den Morgen eingeläutet, den Tag über gewärmt und getrocknet hatte, verschwand sie pünktlich zu 19Uhr hinter den Bergen und erinnerte uns an eine daheim vergessene Lichtquelle. Später trafen noch Felix und Donata ein, die noch schnell ihr Zelt aufspannten, sich stärkten und zu Bett legten. Dienstags wurde die schon bekannte Strecke nochmals befahren mit zwei Einern und einem Topo. Nach kurzer Pause wurde der Bus nach Ainet gelenkt und ausgeladen. Die Strecke von 9km II-III mit einer IVer Stelle am Ende, wurde mit zwei Topos gefahren wobei der damenbesetzte Zweier oberhalb der vierer Stelle den Fluss verließ und die Karossen zur Ausstiegsstelle Kosakenfriedhof umsetzen. Der Männerzweier mit Mark und Tobias warfen sich in die Fluten, wurde ordentlich hinter den Ohren gewaschen und stiegen über beide Ohren grinsend am Ausstieg aus. Während Mark sich schon auf Nudeln mit mittlerweile egal-was freute wurde der Kochplan wiederholt umgestellt. Es sollte ein exquisites Risotto und Salat geben. Da fährt man extra sieben Stunden in einen verdreckten, schweinisch-verschmitzen, stinkenden, furzenden, aufstoßenden Männerurlaub und selbst das wird einem vermiest. Geschmeckt hat es ausgezeichnet. Der Tag endete mit Anekdoten des Erlebten und der Planung des nächsten Tages. Mittwoch 6:30Uhr (MITTEN IN DER NACHT). Die holländischen Kinder beschließen lautstark den Pool in Beschlag zu nehmen. Tobias, von Müdigkeit geplagt, sieht sich gezwungen vor das Zelt zu treten, sich zu vollster Größe aufzuplustern, ein gekonnt autoritäres PSCHT zu zischen, danach auf der Morgentoilette zu verschwinden und sich bis um 8Uhr wieder ins Zelt zu verkrümeln. Die Tür der WC-Anlagen war noch nicht zugefallen als lautes Kindergelächter zu vernehmen ist. Immerhin wird der Pool geräumt, Käse-Antje bringt Frühstück. Mittwoch 7:30Uhr (MITTEN IN DER NACHT). Die italienischen Kinder beschließen ihre Kettcar-Rallye auf den Nachmittag zu verlegen, um den freistehenden Pool wiederum lautstark zu übernehmen. Mark beschließt Brötchen zu holen. Nach dem frühen Frühstück wurden die Alpenböcke beladen und ins benachbarte Mölltal übergesetzt. Die untere Möll führt ganzjährig Wildwasser der Stärke II-II+ und kann in zwei Etappen befahren werden. Die erste Etappe (untere untere Möll, 10km) fuhren Tobi/ Felix im Topo, Mark im Einer. Das Felix Weibchen widmete sich ihrer Hausarbeit am Zeltplatz. Mit zwei interessanten Spielwellen und abschnittsweise schönen Schwallstrecken verlief die Tour bald durch Wald und Wiese, bald durch Felsenwände bis sie letztlich in einem Stausee endete. Da der Tag noch jung und die Männer vor Kraft nur so strotzten wurden die Autos kurzerhand zum Einstieg des oberen unteren Teilabschnitts versetzt und diese nicht ganz so interessanten 5km (I-II) ebenfalls begutachtet. Diesmal allerdings jeder für sich im Einer. Daheim angekommen wurden Pläne für einen Ruhetag geschmiedet und eine Wanderroute festgelegt. Da unsere beiden Nachzügler sicher gleich paddeln gehen wöllten, wäre der Donnerstagmorgen die letzte Möglichkeit zum Wandern gewesen. Auch dieser Plan wurde mit dem plötzlichen nächtlichen Erscheinen durchkreuzt. Kann sich denn keiner an Absprachen halten! Nun gut, wir sind ja flexibel. Schnell das Zelt aufgebaut, Zeugs verstaut und die hungrigen Mäuler endlich mit Nudeln und Tomatensoße gestopft. Zum Auftakt durfte Tobi seine bekannten Strecken vorstellen: untere Isel in zwei Damentopos und zwei Männereiner. Währen Timo, Mark, Tobi und ein Arbeitskollege desselben (Christian) das Ainet-Stück befuhren, wanderte die übrige Gruppe wie geplant über Stock und Stein. Aus unerklärten Gründen schaffte es Tobi seinen Einer wieder horizontal zu wenden und sich bei der Bergung des Bootes zu verletzen. Leider das Ende einer lehrreichen Woche für den Wildwasserneuling und der Beginn einer lehrreichen Zeit als Shuttle-Bunny. Die restlichen drei Kanuten bezwangen den „Vierer“ gleich zweimal und stiegen am Kosakenfriedhof aus. Als Abend-Schmankerl wurden 11km der Drau (III-IV) befahren. Schönes verblocktes Wildwasser mit teilweise zu wenig Wasser mit Durchfahrt der Lienzer Slalomstrecke und Befahrung der Spielwelle zum Schluss. Eine kurze und unbedingt notwendige Sicherungsaktion eines gestellten Schwimmers offenbarten eklatante Sicherheitslücken in Bezug auf taktisches Vorgehen. Dem täglichen Ritual folgten Reste-Essen (der Aufenthalt geht ja dann doch irgendwann zu Ende), Duschen und Schwätzen. Freitag sollte für die erfahrenen Paddler das Sahnehäubchen der Wildwassertour werden. Während auf der ersten Tour die Damen wieder die Topos im Griff hatten (Claudi/ Timo, Donata/ Felix, Mark; gesamtes Mölltal, 15km) wurden im zweiten Teil ein schweres Stück Isel (12km III-IV) von Huben bis Ainet befahren. In der würdigen Dreiergruppe Timo, Christian und Mark wurde das Material nicht geschont und quer über den Fluss in die Kehrwässer gejagt. Nach 27km wurde denn kurzerhand das abgespeckte Drau-Stück (5km) zum finalen Abschluss in gleicher Besetzung befahren. Als Abendbrot dienten vereinzelt Reste sowie Quark-Kartoffeln und viermal halbe Hahn. Glücklich die Woche bei Sonnenschein und Hitze beendet zu haben, schüttete und gewitterte es in der Nacht auf Samstag, sodass morgens alles wieder möglichst trocken verstaut werden musste zur Heimreise. Mit Sonne im Herzen und Lactat in den Armen wurden insgesamt 403km in dieser Woche von sechs Sportlern auf leichtem bis schweren Wildwasser erpaddelt. In München angekommen wurde der etwas unglückliche Lieblingsfranke rausgeschmissen und daheim in Mainz der Bus entladen. Mit vier Schwimmern, einer Bergungsaktion und zwei Eskimorollen sicherlich eine der trockensten Wildwassertouren die wir je gefahren sind. Es hat mir persönlich mit euch sehr viel Spaß gemacht die Tour zu planen, den Plan umzuschmeißen, zu paddeln und eine schöne Zeit zu verbringen. Hoffentlich können wir dieses Pathos bis nach Korsika (ca. Ostern 2016) tragen und dort eine Fortführung feiern. Bis zur nächsten Welle! Euer Bademeister |